Was die Konkurrenz kann ...

Vereinfacht kann man Magersucht definieren als krankhafte Konsequenz einer unzureichenden Ernährung, deren Folge eine schlimme Unterernährung ist. Magersucht ist demnach eine psychosomatische Erkrankung. Die häufigste Form der Magersucht ist die sogenannte Anorexia nervosa, die sowohl bei Mädchen wie auch Jungen in der Pubertät beginnt auszubrechen. Die Ursachen wie auch andere Arten der Störung des Essverhaltens sind vielschichtig.


Die individuelle Ebene meint die subjektiv persönliche Ebene.

Zunächst unterscheidet sich natürlich die Problematik der Jungen von der der Mädchen aufgrund der Geschlechterunterschiede. Auf der psychologischen Ebene nähert man sich auch hier in der Entwicklung der Zeit stark an. Traumatische Ereignisse der Vergangenheit können zur Grundlage werden, ebenso wie übertriebene Angst, Scham oder Schüchternheit. Im Elternhaus oder im Umkreis von Bezugspersonen kommt es oft zu unausgesprochenen Konflikten, die zum Nährboden für eine spätere Sucht werden können. Süchtiges Verhalten hat oft mit der persönlichen Sensibilität und Empfindsamkeit etwas zu tun. So sind wir alle auch verschieden kränkbar und reagieren unterschiedlich auf emotionale Reize. Die persönliche Betroffenheit verursacht ein Mehr oder ein Weniger an Stress. Der innere Zustand bestimmt das Maß der Erregbarkeit.


Sieht man die Sucht im interaktionalen Kontext, spielt das Umfeld eine wichtige Rolle.

Eltern, Lehrer, Trainer, Schule und die Gruppe sind nicht nur Kontaktpersonen, in der Auseinandersetzung mit ihnen  und unserer Vorstellungskraft entwickeln wir Identität, Selbstwert und ein entsprechendes Selbstbild. Die Bewertung durch andere wird Teil unserer Wirklichkeit. Ihre auch unausgesprochenen Forderungen bestimmen mit, wie wir uns verhalten und ob wir zufrieden sind. Unsere äußere Erscheinung gibt nicht nur Auskunft darüber, ob wir als attraktiv gelten, sondern bestimmt darüber hinaus auch, wer wir sind und was uns ausmacht. Wir bauen selbst Erwartungen auf und wecken welche im Gegenüber. Die männliche Jugend muss heute lernen, einen hohen Erwartungsdruck auszuhalten. Bedenkt man die Entwicklung bei den Mädchen, so kann man diese problemlos als konstante Weiterentwicklung definieren. Die Entwicklung der Jungen steht in einem anderen gesellschaftlichen Kontext. Für die Jungen ist die Umbruchsituation groß. Sie beinhaltet zum Teil diffuse neue Rollen, die zu bewältigen sind und die nach Probe übernommen werden müssen.


Soziale Ökologie

Auf dieser Ebene erhalten Suchterkrankungen eine gesellschaftliche Bedeutung und auch Wertschätzung. Gesellschaftliche Institutionen werden in ihrem Verhalten berücksichtigt, dabei kommt es in der Regel auf deren Umgangsform an, z. B. in der Schule über die Handhabung von Alkohol, Zigaretten oder Drogen, in der Rechtsprechung, aber auch ganz allgemein. Hier ist auch die Frage aufzuwerfen, in welchem Maße Gerichte Diagnosen verwenden. Einen besonderen Stellenwert in der Gesellschaft sollte auch die Frage haben, inwiefern derartige Krankheitsbilder missbräuchlich Verwendung finden. Nährt sich die große Schar der „Gesunden“ nicht auch über die Kranken? Setzt der Gesunde sein Verhalten nicht oft in Beziehung zum Kranken oder zum Abweichler, zum Außenseiter, um sich selbst in dem, was er macht, zu legitimieren?


 Für die Betrachtung der männlichen Jugend bietet sich eine kybernetische Sichtweise der Dinge an. Das Suchtsystem der Jungen unterscheidet sich von dem der Mädchen. Als komplexes Geschehen, das zudem eine ungeklärte Eigendynamik entwickelt, sollten nachfolgende Kriterien beachtet werden:

  • Jungen lernen von Kind an, sich anders zu ernähren. Die „Figur“ spielt hier eine untergeordnete Rolle. So bauen Jungen über ihre Ernährung mehr und größere Fettzellen auf, die ihre späteren Ernährungsgewohnheiten mit bestimmen. Zu beachten ist hier z. B. die menschliche Fähigkeit zur Aufnahme von Glukose im Darm. Diese ist enorm hoch. Es ist nach heutigen Erkenntnissen kein Problem, innerhalb von 24 Stunden 16 kg Spaghetti aufzunehmen. Es ist nur eine Frage des Trainings.
  • Das zentrale Nervensystem in seiner übergeordneten Funktion, das autonome vegetative Nervensystem mit den Schwerpunkten des limbischen Systems und des endokrinen Systems. Besonders in der Phase des Wachstums spielen Hormone eine wichtige Rolle. Die Jungen müssen weiterhin lernen, anders mit Emotionen umzugehen als die Mädchen.
  • Die Suchtsoziologie berücksichtigt Normen und Rollen und sieht die Jungen in einer anderen Erwartungshaltung, die auch unbedingt erfüllt werden muss. Gelingt dies nicht, macht man sich zum Außenseiter mit allen Konsequenzen.
  • Die Biologie kümmert sich um die Disposition, die Veranlagung, die jeder mitbringt. Zu bedenken ist, dass jede Anlage im jeweiligen Gesellschaftssystem zur Geltung gebracht wird.
  • Die Psychologie bringt Kenntnisse über die verschiedenen Erlebnismöglichkeiten ein, hat aber auch Lernfaktoren definiert und Phasen einer klugen Kindheitsentwicklung erarbeitet. Vor allem sind deren therapeutische Möglichkeiten unerlässlich bei der Integration von Süchtigen.
  • Die Medizin stellt über Kenntnisse der Organe Zusammenhänge her. So entwickeln die Jungen z. B. eine andere Muskelkraft als die Mädchen. Energieträger bei den Jungen haben eine andere Bedeutung als beim weiblichen Geschlecht.

Optimaler Einbezug der verschiedenen Disziplinen würde in einem kybernetischen Grundverständnis die Selbstwirksamkeit verschiedener Teilsysteme aufdecken können. Durch ein besseres Kennenlernen der Selbstorganisation des Suchtgeschehens im Klienten kann Beratung nachfolgende therapeutische Möglichkeiten enorm verbessern.