Besser gar nicht erst anfangen ...

Es gibt unterschiedliche Meinungen und Ansichten darüber, warum jemand anfängt zu rauchen und vor allem auch, warum jemand das Rauchen beibehält. Ausprobiert wird das Rauchen meist in der Übergangsphase von der Kindheit zum Jugendalter, also zwischen 10 und 14 Jahren. Bis zur Volljährigkeit bzw. dem frühen Erwachsenenalter steht dann fest, wer Raucher wird oder Nichtraucher bleibt.

Psychoanalytische Richtungen sehen den oralen Lustgewinn, den die Zigarette bietet. Der Konsum wird als eine Regression auf eine eigentlich bereits überstandene Entwicklungsstufe betrachtet. Behavioristische Lehrmeinungen betrachten Rauchen als vom Individuum gelerntes Verhalten. Positives Verstärken ist das Kriterium, welches für die Aufrechterhaltung sorgt. Die dritte große Kraft psychologischer Disziplinen ist die sogenannte kognitive Psychologie. Sie betrachtet die Natur des Menschen eher aus einer ganzheitlichen Perspektive. Der Mensch ist mehr als ein triebgesteuertes Wesen, aber auch mehr als ein durch Außenreize beeinflusstes Objekt. Die kognitive Psychologie interessiert sich für geistige Prozesse wie Aufmerksamkeit, Denken, Erinnern, Planen, Wünsche, Phantasien und vor allem auch Bewusstsein. Menschen sind Produzenten von Information, also aktiv tätig. Sie funktionieren nicht nur als bloße Registratoren oder auch Vermittler von Informationen.

Seit Jahren bekannt und modern, mittlerweile zu einem anerkannten Allgemeingut aufgestiegen, ist eine Sichtweise von der Funktionstüchtigkeit des Menschen, die sich in Begriffen wie Balance, Homöostase, Fließgleichgewicht usw. ausdrückt. Gemeint sind damit die Ebenen psychologischer und physiologischer Art. Die traditionelle chinesische Medizin (TCM) denkt und behandelt ebenfalls nach den Grundsätzen des Strebens nach Ausgleich über die Elemente Jin und Jang bis Ausgewogenheit erreicht ist. Das gilt dann als Idealzustand und ist die Basis dafür, dass Gesundheit aufrecht erhalten werden kann.

Die von dem US-amerikanischen Sozialpsychologen  Leon Festinger 1957 entwickelte kognitive Dissonanztheorie beschäftigt sich mit der Regulierung eines Ungleichgewichtes auf einer Erkenntnisebene. Integrierter Bestandteil, so könnte man sagen, sind jedoch auch unbewusste Anteile am Gesamtbewusstsein. Die Theorie geht von einem Bedürfnis nach Konsistenz, d.h. Übereinstimmung aus. Der Mensch ist bestrebt, harmonisch ausgewogene Beziehungen auf allen Ebenen der Person herzustellen. Unharmonische Zustände werden als unangenehm erlebt. Verbunden damit ist die Tendenz, derartiges Missbehagen abzustellen und dafür auch etwas zu tun. Reduktion von Disharmonie ist das Ziel. Das kann auf einer argumentativen Ebene geschehen, also über verstandesmäßige Lösungen, wie auch über den Einsatz diverser Hilfsmittel, z.B. entsprechende Medikamente. Rauchen, ja schon der Vorgang des Rauchens, wirkt auch in diesem Grundverständnis ausgleichend, entweder direkt über Zustandseinflüsse wie Nikotinspiegel und Stoffwechsel oder indirekt über die Wirkweise der Substanzen z.B. als Beruhigungsmittel entspannend. Durch Rauchen erreichte Spannungsreduktion hat damit Einfluss auf Sichtweisen und ist ein wirksames Regulativ in Festingers Theorie.

Rauchen sollte man als den „Nr. 1 – Hit“ unter den leicht verfügbaren Instrumenten, die durch unser Dazutun Regulierungen ermöglichen, betrachten. Die Zigarette, der Tabak schlechthin, wirkt multifunktional und ist vor allem auch Machtinstrument. Der leidenschaftliche Raucher ordnet sich dieser Macht unter. Der rational gesteuerte Raucher lässt sich auf einen Zweikampf ein. Neben dem Stress, der durch Rauchen dem Organismus zugeführt wird, packt dieser Typus zusätzlich die Qual der Steuerung oben auf. Rauchen beeinflusst den Konsumenten in seiner Vitalität, das bedeutet in seinen körperlichen und seelischen Spannkräften und in seinen Reserven. Übertragen in die Praxis unseres Alltags dirigiert Rauchen Intensität, Spontaneität und Ausdauer des Verhaltens. Psychologisch wirksam wird Rauchen vor allem in Fragen der Belastbarkeit, Widerstandsfähigkeit und der Regenerationsmöglichkeiten. Durch Rauchen werden die relativ konstanten Persönlichkeitsmerkmale beeinflusst. In situativen Momenten ist Rauchen bestens geeignet, den richtigen Zustand herbeizuführen. Problemlos kann man feststellen, dass Rauchen unsere Selbstorganisation ganz erheblich beeinflusst. 


... und sonst aufhören, wenn der Zeitpunkt da ist ...

Das ist oft erst dann, wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen auftauchen, wenn der Arzt das Aufhören verordnet, aber auch wenn man das Rauchen einfach satt ist. Kognitive Verhaltensbeeinflussung sollte Bestandteil des Entwöhnungsvorgangs sein.

Indem wir uns verhalten, beeinflussen wir Menschen uns auch selbst. Meist geschieht das über die Sprache. Über die Lautsprache können wir uns mit anderen verständigen, aber auch auf einer stillen Ebene mit uns selber sprechen. Jeder kennt sogenannte Selbstgespräche. Wir führen einen inneren Dialog. Dialog deshalb, weil wir uns auch auf Fragen die entsprechenden Antworten geben. Auf diese Art und Weise machen wir oft Pläne, sprechen Probleme an und erörtern Lösungen mit uns selbst. Der innere Dialog sinnvoll eingesetzt kann demnach ein wichtiges therapeutisches Instrument der Selbsthilfe aus uns selbst heraus sein. Über Selbstgespräche können beabsichtigte Verhaltensänderungen begünstigt werden. Jeder der aufhört zu rauchen, sollte demnach Gebrauch von seiner innewohnenden Fähigkeit machen und Selbstgespräche zielgerichtet einsetzen. Er betreibt damit konstruktives Selbstmanagement. Ein Vorgang, der dem menschlichen Naturell entspricht und damit zusätzlich noch einen hohen Eigenwert hat.