Ein Einstieg

Politisches Handeln und Entscheiden schafft die Rahmenbedingungen für eine Gesellschaft, welche jedem Einzelnen erlauben sich frei und sicher zu verhalten. Das Maß der Dinge, nämlich die Akzeptanz der Würde in der Gegenseitigkeit, resultiert aus dem deutschen Grundgesetz.

 

Durch den Erlass von Gesetzen regelt die Bundesrepublik Deutschland zu einen, wer ab welchem Alter Drogen, Alkohol und andere abhängigkeitserzeugende Substanzen konsumieren darf, und zum anderen, wann die Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen beginnt. Drogenpolitik ist hier verortet in der Innen-, Sozial- und Gesundheitspolitik und wirkt auch in familiäre Zuständigkeiten hinein. Innerhalb von politischem Wirken werden auch öffentliche Zwecke berücksichtigt, die jeweils von inneren und äußeren Umständen des Landes, dem Geist einer Epoche und den Anforderungen der Generationen bestimmt werden. Optimale Drogenpolitik  sieht auch die Entgrenzung der nationalstaatlichen Belange und stellt einen Bezug her zu den Identitätsansprüchen der Bevölkerung.

Das politische Instrumentarium – eine Übersicht

Unter „Gesundheitspolitik“ versteht man alle Maßnahmen des Staates, die der Sicherung, Förderung und Wiederherstellung von Gesundheit dienen. Alles Denken und Handeln im Sinne von Gesundheit ist zusammengefasst im Begriff des sogenannten Gesundheitswesens. So auch die Verhütung und Bekämpfung von Suchterkrankungen wie Alkoholismus, Drogensucht und Medikamentenmissbrauch. Gut angelegte Drogenpolitik berücksichtigt das Gesundheitsrecht, konkret Art 74 Ziffer 19 und 20 GG. In der Praxis unerlässlich ist die Verankerung der Behandlungsmöglichkeiten durch die gesetzliche Krankenversicherung.

 

Familie – und somit auch die tiefer liegende Begriffsbestimmung – ist eine universelle Einrichtung. Familiäre Zugehörigkeit hat ihre Wurzel in der langdauernden Erziehungs-, Entwicklungs- und Schutzbedürftigkeit des menschlichen Nachwuchses. Noch heute hat die Familienpolitik  ihre Aufgabe darin zu sehen, Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Gesunderhaltung der Familie zu beschließen und gerade im Hinblick auf Kinder  wirtschaftliche Belastungen bestmöglich auszugleichen z.B. über Kindergeld oder steuerliche Maßnahmen. Familie ist eine rechtlich geschützte Konstruktion. Politische Rahmenbedingungen sollten die Funktion und Stellung der Familie unterstützen. Dies ist auch künftig nötig, damit die Funktionen der Familie, nämlich für Nachwuchs zu sorgen, Persönlichkeit zu fördern und durch Sozialisation die Gesellschaft zu entwickeln, erhalten bleiben.

 

Sozialpolitik ist Gesellschaftspolitik. Sie umfasst alle Maßnahmen, allen Mitgliedern  der Gesellschaft Schutz und Sicherung zu gewährleisten. Einst sollte durch Sozialpolitik der Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft abgefedert werden. Die Einführung des marktwirtschaftlichen Systems machte sozialstaatliches Handeln notwendig. Hier in Deutschland bekam der Sozialstaat starke Impulse aus der Arbeiterbewegung und der christlichen Soziallehre, aber auch aus anderen demokratischen Strömungen. War lange Zeit eine klare Linie innerhalb deutscher Politik erkennbar, so ist heute und aktuell Chaos im Sozialen entstanden und der Staat ernsthaft überfordert.

 

In der Innenpolitik zentriert sich die Gesamtheit des politischen Handelns hier in Deutschland nach den Grundzügen des Föderalismus. Innenpolitik ist Verwaltungsarbeit und Polizeiarbeit. Es geht um die Sicherheit der Bevölkerung, aber auch um Angelegenheiten gerechter Verteilung des Sozialprodukts, den Abbau von Ungleichheiten u.v.m.

 

Der Aspekt politischer Willensbildung ist im Bereich der inneren Politik und eben auch auf dem Gebiet der sogenannten Drogenpolitik von besonderer Tragweite. Die Überforderung eines Staates zeigt sich oft in der Aufgabe von bisher Bewährtem. So wurde aus der Zielvorgabe ‚Handeln auf der Grundlage eines homogenen Volkswillens‘, die Abstufung zu einem homogenen Willen der Mehrheit. Aber auch das spielt heute nur noch eine marginale Rolle in der politischen Entscheidungsfindung.

Standortbestimmung aktuell

Der Regierungswechsel im Herbst 2021 brachte die Ansage mit sich, Drogenpolitik neu und modern auszurichten und damit für weitere ‚Freigaben‘ zu sorgen. Meist sind solche Freigaben als Aufgaben des Bisherigen aufzufassen.

 

Derartige politische Vorhaben betreffen alle und sind damit universell. Die stark ideologisch ausgerichtete Koalitionsfindung lässt vermuten, dass denkbare Neuerungen von FDP und Grünen dominiert werden. Weil die Bundesrepublik sich seit Jahren auf einem ‚guten Weg‘ in stetig mehr Wohlstand befindet, ist davon auszugehen, dass bestehendes Regelwerk als prägende Überbetreuung aufgefasst wird und die neue Modernität neue Spielfelder auch mit Suchtmitteln erschließen soll.

 

Heutige Wohlstandsgesellschaften brauchen auch den richtigen Umgang mit dem erworbenen Glück. Solidarität, also Großzügigkeit, fördert in unserem Gehirn die Feinfühligkeit und regt automatisch diejenigen Drogencocktails an, die das Individuum selbst erzeugt. Wirkweisen von Serotonin, Cortison, Cortisol plus andere körpereigene Opiate führen zu stärkenden inneren Zuständen, lassen uns optimistisch denken und damit erfolgsorientiert handeln. Einflüsse  so zustande gebracht, begünstigen den kommunikativen Zusammenhalt und führen nicht wie die Drogen der Straße zu Isolation.

 

Als Gemeinschaftswesen ist der Mensch ein teilendes Wesen. Der Umgang mit Drogen aller Art gehört zur Kultur. Drogen zu nutzen hat auch einen kommunikativen Gehalt.  Sich diesem Code zu bedienen ist Teilhabe. In diesem Sinne interessiert beim Teilen das, was beim Teilen mehr wird, gerne auch der Erfolg.

 

Die ökonomische Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat dem Land und der Gesellschaft Wohlstand gebracht. Wir leben auf einem hohen Versorgungsniveau und können für fast alle Bürger eine Befriedigung der Grundbedürfnisse und sogar mehr garantieren. Als Wohlstandsgesellschaft leben wir in Blickrichtung Lebensform und Lebensstil im Überfluss. Prestigefaktoren wurden dominant und zum roten Faden einer Lebensweise. Vielleicht ist ein Optimum erreicht und die Gesellschaft kämpft für einen Zufriedenheitspegel. Drogen sind Suchtmittel, neben immateriellen Möglichkeiten erleichtern sie durch Konsum die Aufrechterhaltung innerer Zufriedenheitszustände, aus denen wir am liebsten heraus handeln. So zustande gebrachte persönliche Zustände machen uns leicht manipulierbar. In marktwirtschaftlich orientierten und konsumaffinen Gesellschaften überlässt der Staat gerne dem „Einzelnen“  als souveräne Entscheidung seine Konsumgewohnheiten.

Aber stimmt das noch?

Ist Drogenpolitik ein sinnvolles Instrument, um durch politisch getroffene Entscheidungen dem Einzelnen  seine Freiheiten und Freiräume gestalterisch zu überlassen? Im Folgenden sollen mittels einer gesellschaftskritischen Analyse der gemachten Erfahrungen die geplanten Absichten der neuen Regierung ob ihrer Sinnhaftigkeit und Konsequenzen diskutiert werden.

 

Erfolgreiche Drogenpolitik beschäftigt sich mit Verhaltensstilen, Bewusstsein und Moden, mit weltanschaulichen Aspekten  und vor allem politischen Überzeugungen. Drogenkonsum ist eine Gesellschaftsformation und ein eigenständiges gesellschaftliches Feld. Die politischen Zuständigkeiten über die genannten Strukturen erfordern eigentlich eine optimale Bezugnahme aufeinander, aber hatten wir das je? Modernität würde schon hier mit einem neuen Ansatz beginnen.