Die Situation erscheint politisch geprägt vom Aufgeben bisheriger Positionen, die Abkehr davon wird als ‚modern‘ gehandelt. Politik befindet sich auf dem Weg einer Modulation, vom Restriktiven fort hin zu einer vermeintlichen Freiheitlichkeit, die angeblich mehr Selbstbestimmung bedeutet. Im Vordergrund der Debatte steht Cannabis, aufwendige Polizeiarbeit soll durch neues Regelwerk entlastet werden. Angeblich werden damit erhebliche Kosten eingespart. ‚Modern‘ bedeutet immer den Zeitgeist insgesamt zu berücksichtigen, vor allem den aktuellen Stand der Erkenntnisse.

 

Wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse gibt es genug. Jedermann dürfte klar sein, dass, je mehr Menschen die Möglichkeit bekommen, sanktionsfrei zu konsumieren, desto mehr es auch tun werden. Deutschland hat im Rahmen seiner bisherigen Drogenpolitik ein Paradies für Konsum geschaffen. Ein großes Sortiment an Suchtmitteln steht leicht verfügbar allzeit bereit. Über die Entwicklungsspanne der modernen Zeit hinweg erweiterte sich das Angebot, das Wissen der Konsumbereiten nahm zu, fast jeder kann Drogencocktails mixen so wie es ihm beliebt. Insbesondere die Aspekte von Prädestination, also im Menschen angelegter Verhaltenspräferenzen, werden, wenn deutsche Drogenpolitik so angelegt bleibt, auf allen Gebieten für steigende Zahlen auch in Zukunft sorgen. Der Begriff hat hier keine religiöse Konnotation, sondern impliziert ein Geeignet Sein für einen bestimmten Lebensstil und vor allem eine in der Persönlichkeit offensichtlich vorhandene Neigung, überhaupt abhängig werden zu können. Auch die aus der Biologie bekannte Prägung kann eine maßgebliche Rolle bei der Etablierung eines süchtigen Verhaltens spielen.

 

Unmittelbares Ziel eines jeden Drogen- oder auch Alkoholgebrauchs ist die Funktion eines Einsatzes als allgemeines Hilfsmittel. Nur ungern wird vom Ziel eines Rausches gesprochen. Was ist das überhaupt, der „Rausch“?

 

Einfach ausgedrückt, handelt es sich um die Veränderung eines mentalen Zustandes. Das Rauscherlebnis beginnt mit dem Gefühl von Erleichterung, die Stimmungslage verändert sich meist spontan,  innere Sicherheit wird zurückerobert und begleitet von einem Gefühl von Zufriedenheit. Jede Wirkweise verändert die Selbstwahrnehmung hin zu einem ästhetischen Erlebnisziel.

 

Die Suchtstoffkommission der UN veröffentlicht aktuell gigantisches Zahlenmaterial in Sachen Drogenpolitik. So haben in 2020 laut den Vereinten Nationen 275 Millionen Menschen Drogen verwendet. Das sind rund 22% mehr als noch 10 Jahre zuvor. Die Prognose sieht weitere drastische Steigerungsraten. Erstaunlich kritisch äußert man sich zum bisherigen Kostenaufwand für die Durchsetzung sogenannter Drogengesetze, Milliarden Investitionen dort hinein blieben erfolglos. Nach Angaben des NGO Dachverbandes ‚International Drug Policy Consortium‘ (IDPC) führt Drogenbekämpfung zu massiven Menschenrechtsverletzungen, die Schäden einer repressiven Drogenpolitik seien schwerwiegender als die durch Drogen selbst verursachten.

 

Das will sicherlich keiner. Deutschland lässt durch Verantwortliche mitteilen, das hier weiterhin der gesundheitspolitische Zweck  im Vordergrund stehe, auch künftig soll es um Schadensbegrenzung gehen.

 

Wegen des Fokus auf Cannabis im Straßenverkehr auch hier neue Daten: die Zahl der Konsumenten wird mittlerweile auf über 200 Millionen weltweit geschätzt. Zunehmend setzt man auf Legalisierung und so Regulierung der Märkte. Das ‚moderne‘ Deutschland will übernehmen. Erstaunlich die Argumentation, wonach damit moralisierende Aspekte herausgenommen werden sollen. Diese haben bisher noch von Seiten keiner Regierung hier eine Rolle gespielt. Übrig wird bleiben, das Nutzer der Substanz entkriminalisiert werden sollen und so marktwirtschaftliche Regeln anwendbar werden.

 

Die allgemeine Ankündigung der hiesigen Ampel-Koalition wurde bisher politisch noch nicht konkretisiert. Bevor man weitere Fehlentscheidungen trifft, hilft vielleicht ein Nachdenken  über den aktuellen Bericht der UN-Entwicklungsagentur UNDP. Seit 1990 erscheint deren Index, welcher Kriterien wie Lebenserwartung, Einkommen und Dauer der Schulbildung in den Mitgliedsländern statistisch darstellt. Diese Lebensverhältnisse haben sich in 9 von 10 Ländern nachteilig verändert, ein solch flächendeckender Rückgang war noch nie zu verzeichnen. Schon jetzt hinterlässt die globale Drogenpolitik auch hier ihre Spuren, denn zunehmend aufzuwendende Geldmittel für  Drogenkonsum fehlen an anderer Stelle.