Guter Geschmack ...

… spielt natürlich auch beim Konsum alkoholischer Getränke eine wichtige Rolle. Er ist quasi das Einstiegstor für Suchtverhalten, das später entwickelt wird. Wir alle kennen die Redensart „auf den Geschmack gekommen“ zu sein: der Mundbereich ist für die Wahrnehmung von Geschmacksempfindungen zuständig.

Seit dem 17. Jhd. hat der Begriff Eingang in eine ästhetische Diskussion gefunden. Danach stehen drei Fragen im Vordergrund.

  1. Ist Geschmack angeboren?
  2. Ist Geschmack ein auf Verstand oder Sinnlichkeit gegründetes Vermögen des Menschen?
  3. Sind Geschmäcker individuell oder allgemein gültig?

Unzweifelhaft ist heute, dass der Geschmack zur geistig-seelischen Ausstattung des Menschen gehört.

 

An eine spirituelle Dimension des Geschmacks erinnern vor allem die Mystiker. Sie sprechen z. B. vom „Schmecken und Kosten“ des Geistes. Der christliche Gott wird in frommen Kreisen als „göttliche Süße“ empfunden. Der Glaube selbst hat auch eine sinnlich erfahrbare Komponente. Gerade hier ist dieses Mehr, das als Verlangen zutage tritt, von Bedeutung. Das Verlangen nach mehr entspricht der Wirkweise unseres Geschmackssinns. Geschmack durchbricht Barrieren. Jeder erinnert sich an das erste Bier, meist im Jugendalter konsumiert. Es hat wohl noch keinem auf Anhieb so richtig geschmeckt. Bier hat seine Bedeutung in der hiesigen Gesellschaft als Durstlöscher und ist auch ein Einstiegsgetränk. Der Konsum ist weit verbreitet und wird allgemein als wenig gefährlich eingestuft.

Der etwas bittere Beigeschmack verunsichert die meisten Probierer. Die Geschmacksvariante ist verführerisch und fordert nach dem ersten Eindruck weitere heraus. Auch hier entsteht über den Geschmack das Verlangen nach mehr, vor allem nach Überwindung. Die Geschmackskreation alkoholischer Getränke wird auch im Gedächtnis gespeichert und bleibt beim Konsument ein Leben lang eine problemlos abrufbare Erinnerung. Diese kann vor allem dem trocken gelegten Alkoholiker zum Verhängnis werden.

Dr. Manfred Köhnlechner schreibt in seinem Buche „Alkohol Droge Nr. 1“: Suchtdruck entsteht durch Geschmack. Er berichtet, dass viele Vollräusche mit dem Konsum von alkoholfreiem Bier beginnen. Alkoholfreie Biere transportieren den Biergeschmack, jedoch ohne die entsprechende Wirkung. Dies führt oft zum Umstieg über den entstandenen Suchtdruck. Auch hier liegen Gefahren für den trocken gelegten Alkoholiker.

Auf subtile Art und Weise wirkt Bier über Geschmacksinn und Geschmacksempfindungen bedürfnisbefriedigend, und zwar unabhängig vom jeweiligen Alkoholgehalt. Die Werbeindustrie zielt darauf ab, den Konsum alkoholhaltiger Getränke möglichst hoch zu halten. Lernprinzipien und Aspekte der operanten Konditionierung sorgen für die Beeinflussung der Menschen und sind ein unerlässliches Instrumentarium der Beeinflussung. Regelmäßig werden prominente Sympathieträger eingesetzt, um Absatzzahlen zu verbessern. Sogenannte soziale Verstärker sorgen regelmäßig dafür, dass der Konsum auf einem hohen Level bleibt. Die Geschmackskomponente ist also für ein Suchtthema von ganz erheblicher Bedeutung. Lebt jemand abstinent, muss er lernen zu widerstehen. Lernt der Alkoholiker seinen Konsum auf Null zu bringen, so sollte man wissen, dass damit ein mögliches Bedürfnis vorhanden bleibt. Es kann jederzeit im Bewusstsein als sog. Spontanremission auftauchen.

Geschmack kann auch therapeutisch als Aversion verordnet werden. Möglicherweise kann das kurzfristig zu Erfolgen beitragen.